Forskel mellem versioner af "L 19/de"

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Versionen fra 26. feb 2015, 13:43

'L 19 ist dort gelandet?' Peter Strasser presste den Hörer an die Ohrmuschel. 'Gut! Dann bitte ich den Kapitänleutnant Loewe an den Apparat!' Der Kommandeur betrachtete aufmerksam die vor ihm liegenden Wetterkarten. Seit Mitte Oktober haben wir nur immer Aufklärung gefahren, und jetzt ist Mitte Januar! Er stiess wütendmit dem Bleistift auf das Papier. Da meldete sich Kapitänleutnant Loewe.

'Hier Strasser! So, - Loewe, also gut angekommen mit Ihrem neuen Schiff? Wir var denn das mit Dresden?' Er blickte abwesend zum Fenster. 'Immer wieder Motorschwierigkeiten? Die 240 PS HS-Lu-Motoren taugen eben nichts, jedenfalls solange sie aus diesen Kinderkrankheiten nicht heraus sind! Ja, - ich bin durch die Durchschläge im wesentlichen über den Vorgang unterrichtet. Der Motorenbau hat Ihnen gebohrte Ventilteile nachgeliefert, damit bei einem Bruch der Feder das Ventil nicht in den Zylinderraum fallen kann. Wie hat sich das bewährt?' Er wippte den Bleistift auf dem waagrechten Zeigefinger und legte ihn mit einem Ruck hin, als er sich bei diesem Spiel ertappte. 'So, - na, - das wäre ja erfreulich, und langsam wirklich an der Zeit. - Und Ihre Fahrt nach Tondern hat geklappt? Das ist die Hauptsache! So,- zuletzt wurde es ungemütlich it reichlichem Nebel? Hier war es auch nicht besser. - So, erst ab Lübeck?' Er lachte wor sich hin: 'Liegt ja nicht unmittelbar auf dem roten Strich! Nee, nee, - kein Vorwurf, lieber Loewe, - mussten doch auch mal Ihrer Familie winken. Versteh sich, - und schliesslich galt die Fahrt auch der Überprüfung Ihrer Motoren. - War wenigstens die Familie zu Hause? - So, sie haben eine Schleife über Ihrem Haus gefahren? In 180 Meter? Da konnten Sie wohl Ihre Frau im Schnee stehen sehen...' Er nichte vor sich hin, mit einem Lächeln, in dem etwas von ferner Wehmut war. '... Was, sogar Ihre Kinder? Da haben Sie wohl tüchtig gewinkt! Das ist recht!' Seine Hand fuhr sich über das Gesicht, das mit einem Male wieder Streng war. 'Ihr L 19 ist also fahrtbereit? Gut! Trauen Sie Ihren Maschinen auch die Anforderungen einer Angriffsfahrt zu? Überlegen Sie sich das in aller Ruhe. Sprechen Sie noch einmal mit Ihrem Maschinisten darüber. Köppen ist ja ein zuverlässiger Mann. Ich drenge Sie nicht, mitzumachen...' Er hielt inne und sagte dann mit fester Stimme: 'Bei gleichbliebender Wetterlage steigen morgen alle verfügbaren Luftschiffe zum Angriff auf Mittel- und Südengland auf. Ziel möglichst das Industriegebiet um Sheffield, Nottingham, Derby, Hanley und, wenn möglich, auch Manchester. Ich bin an Bord L 16. Aufsteigen so, dass bei Dämmerung die engliche Küste erreicht ist. Angriffsbefehl folgt morgen.'

'Zu Befehl, Herr Kapitän!' Das klang so laut, dass Peter Strasser die Hörmuschel vom Ohr nehmen musste. Lächelnd hängte er ein. 'L 19 ist mit dabei, wie ich den Loewe kenne! - Muss auch dabei sein...' Er starrte nun schon wieder ernst auf die Papiere. 'Ja, Wendt, wir können kein Schiff entbehren, und ich muss froh sein, wenn ich morgen 9 L-Schiffe zusammenkriege statt bisher höchstens 4 oder 5.'

'Am 9./10. August waren es 7,' warf der Adjudant ain, - damals als es Peterson erwischte als Ersten mit seinem L 12.'

'Das Schiff war hin, aber Peterson hatte Besatzung und sogar die Motoren gerettet: Wirklich eine ausgezeichnete Leistung!'

'Die Angriffe werden gefährlicher,' sagte Kapitänleutnant Wendt.

'Damit habe ich von Anfang an gerechnet. Wo früher eine Batterie schoss, scheinen jetzt 5 zu stehen. Sie schiessen auch besser, und die Scheinwerfer haben sich eingearbeitet.'

'Ich halte vor allem die Flieger für recht gefährlich!'

'Nun, - Breithaupt ist mit vieren fertig geworden.'

'Allerdings unter dem Opfer allen Ballastes ist er über sie gestiegen.'

'Man müsste das auch künftig versuchen.'

'Dem LZ 37 ist es aber scheinbar nicht mehr gelungen.'

'Ich habe den Bericht des Steuermanns neulich gelesen. Er ist ja der einzige Überlebende. Danach hat LZ 37 gar nicht mehr den Versuch gemacht, den angreifenden Flieger zu überhöhen. Es muss sofort in Brand geraten sein.'

'Und wie hat sich der Mann gerettet?'

'Er warf sich auf den Gondelboden, weil er die Glut über sich nicht mehr aushalten konnte. Die Gondel brach ab, stürtzte auf ein Kloster, brach durchs Dach aund warf den Steuermann heraus, gerade in ein Bett, aus dem eben eine Nonne aufgestanden war. So blieb er am Leben!' Er hielt kurz inne. 'Gefährlicher ist die Sache schon geworden, aber die Hauptsache ist, dass viele tausend Mann und Geschütze durch uns Luftschiffer in England festgehalten werden und somit der Westfront verloren gehen. 19 Luftschiffangriffe sind 1915 gefahren worden, und das britische Inselreich hat auf diese Weise immerhin über 1000 Bomben erhalten. Das ist ein Erfolg, mit dem wir ganz zufrieden sein können!' Er sah den Adjudanten an. 'Man darf im Krieg nicht weich werden!' sagte er dann und wendete sich mit einem Rück seiner Arbeit zu.

(Afsnit udeladt her)

Als Peter Strasser eines Morgens an seinen Schreibtisch trat, fand er einen Packen englischer Zeitungen dort.

Er blätterte umher. Da war etwas angestrichen. 'Das ist ja kaum glaublich, Wendt! Die Engländer geben jetzt zu, dass King Stephen die Besatzung L 19 nicht gerettet habe, obwohl er in Rufweite herangekommen war...'

'Und in der anderen Zeitung, Herr Kapitän... Ja, dort, - da steht die Billigung dieses Verhaltens durch einen englischen Bischof.'

'Aber das ist doch Unmöglich...'

Nein, - es war nicht unmöglich, - hier stand es schwarz auf weiss und war mit allem Nachdruck in aller Öffentlichkeit gesagt.

Peter Strasser sah lange auf das Blatt. Dann faltete er es zusammen mit spitzen Fingern, schob es zur Seite. 'Ich beneide sie nicht, trotzdem hinter ihnen die ganze Welt steht mit Waffen und Geld... Ich beneide sie nicht: King Stephen, Baralong.. Wie wollen sie das jemals abwaschen?'

'Sie haben sich daran gewöhnt, nur Erfolg zu wollen, ganz gleich mit welchen Mitteln...'

'Wir müssen sie sehen,wie sie sind ...', sagte der Kommandeur hart. 'Wir haben sie bisher viel zu sehr mit unseren Augen gesehen.' - Er presste die Zähne zusammen und arbeitete wieder. -

Schnee rieselte müde über das weite Feld. Da hinten gingen die Posten an den grossen Doppelhallen auf und ab und vor der Gasanstalt. In den Kasernen wurde 'innere Dienst' getan. Die Luftschiffe ruhten in den Hallen auf ihren Böcken. Ein paar Mann vom Pflegetrupp waren in jedem Schiff tätig, - dichteten Zellen, - sahen Magnete nach, prüften Steuerzüge. Und in Lübeck sass eine Frau mit zwei kleinen Kindern, - Frauen und Eltern und Bräute und Kinder... Sie alle klammerten sich noch an winzige Funken Hoffnung, - die man ihnen heute nun auch noch ersticken muss...

Er wendete sich, - schob wieder den Stuhl an den Schreibtisch und schrieb mit seiner steilen Schrift:

Nordholz, 8. II. 16.
Sehr verehrte, gnädige Frau!

Haben Sie Dank für Ihren tapferen Brief. Leider kann ich Ihnen keine Hoffnung mehr machen. Das Gerücht von den 9 Geretteten bewahrheitet sich nicht. Der englische Fischdampfer hat die Rettung schändlicherweise verweigert. Und wenn ein anderes Fahrzeug Hilfe geleistet hätte, so müsste davon nunmehr irgendeine Kunde da sein.

Eines unserer Torpedoboote hat ein Benzinfass vom L 19 gefunden. Ich habe das Fass besichtigt, es kann nur von dem untergegangenen Luftschiff sein.

So mancher unserer Luftschiffkameraden ist der L 19-Besatzung vorausgegangen in todesverachtender Pflichterfüllung; viele andere werden noch folgen müssen! Seien Sie tapfer, gnädige Frau, so wie Ihr Mann der Tapfersten einer war.

Ich drücke Ihnen im Geiste die Hand als Ihr sehr ergebener

Strasser

Korvettenkapitän und Kommandeur der Marine-Luftschiff-Abteilung.

Er legte die Feder zurück und nahm einen Briefumschlag aus der Schublade.

Da kam ihm der letzte Brief seiner Mutter in die Hand, den er länger unbeantwortet gelassen hatte, wie das sonst seine Gewohnheit war. Eigentlich musste er ihr doch schreiben. Nein, - leicht war das heute nicht, aber danne schrieb er doch:

Liebe Mutter!

Deine Ausführungen habe ich aufmerksam gelesen. Ich kann und will aber in der Sache nicht schrieben. Es ist seine eigene Schuld, wenn er im Kriege nur gemeinen Rang bekleidet. Mit solchen Krampfadern und Herzfehlern konnte man im Frieden vom Waffendienst freikommen, wenn man wollte, weil wir Überfluss an Menschenmaterial hatten. Wer damit dienen wollte, weil er die Erledigung der Dienstpflicht als Freude und Ehrensache ansah, der konnte das. Leider wurde in vielen solchen Fällen das Freikommen des Betreffenden noch als freudiges Ereignis angesehen, und leider hat der Staat es verabsäumt, den Betreffenden für das Richtdienen eine tüchtige, ihrer Vermögenslage angemessene Steuer aufzuerlegen.

Wenn sich einer nun in der untergeordneten Beschäftigung eines Hilfskrankenwärters nicht wohl fühlt, so ist er selbst schuld und ich mische mich da nicht hinein.

Unangenehmen Dienst im Kriege kenne ich nicht, keine Hilfeleistung, welscher Art sie auch sei, ist im Kriege erniedrigend und ekelhaft. Scheint es jemand so, dann liegt es an seiner unrichtigen Auffassung. Und von gefährlich kann gar nicht gesprochen werden. Jeder, der nach den zum Teil unsinnigen Bestimmungen nicht felddienstfähig ist, kann hinter der Front sitzen, weil er irgendein kleines Leiden hat, Millionen anderer aber bieten ihren gesunden Leib mit Freuden den feindlichen Kugeln dar und sind den ungeheueren Anstrengungen des Kriegsdienstes ausgesetzt.

Also, liebe Mutter, nimm es mir nicht übel, aber in der Sache tue ich nichts. - Ich hoffe, dass es Euch allen gut geht. Schickt mir nur gelengentlich die leeren Gefässe, Gläser und Kruken zurück, damit ich mich nach neuer Füllung umtuen kann.

Mit besten Grüssen, dein Sohn Piter

Er liess die Feder sinken. Vielleicht wird Mutter jetzt traurig sein, Mutter, die allen Menschen helfen will. Aber ich kann nicht anders...

Nach dem frühen Mittagsessen zog sich der Kommandeur das warme Angriffsfahrtenzeug an. Erst die Papierunterwäsche. Darüber wurden die Wollesachen gestreift und dann kam der kamelhaargefütterte Mantel. Die Kleider rochen nach Benzin, Öl, Gas und Gummi. Wenn einmal der Krieg zu Ende wäre, immer würde man bei diesem Geruch unwillkürlich die gleichen Empfindungen haben: Stolz, Ungewissheit, Spannung, - aber auch eine Müdigkeit, - irgendeine unstillbare Trauer, - über allem aber doch immer wieder unbändiger Stolz!

Peter Strasser schlang das Halstuch um. Dabei glitten seine Blicke über all die Gegenstände, mit denen er täglich zusammen war. Kleinigkeiten waren es, - gewiss für jeden fremden Menschen ohne Wert. Auch für ihn waren es keine Kostbarkeiten, doch er musste auf einmal an den Schreibtisch von Kapitänleutnant Hirsch denken, auf dem noch alles so gelegen hatte, als wäre Klaus Hirsch nur eben zum Kaffeetrinken ins Kasino hinüber gegangen. Gerade so hatten die Sachen dagelegen. Und an der Wand hatte noch das 'Torpedobootjakett' gehangen. Aber Klaus Hirsch war bereits verbrannt, - hatte schon die Strecke Weges durchschritten, die ihm zugemessen war...

Peter Strasser presste die Lippen zusammen. Dort lagen noch unerledigte Akten. Vielleicht würde da ein anderer seine Unterschrift darunter setzen müssen... Nein, - das war keine Angst, - das war kein jämmerliches Sträuben gegen ein Schicksal, das er nicht anerkennen wollte, - es war nur das ruhige Erkennen eines Mannes, der nicht gewohnt war, sich etwas vorzumachen. Sein Entschluss, wieder seine Luftschiffe selbst zum Angriff zu führen, war keinen Augenblick dadurch in Frage gestellt worden. Er war stark genug, dies ertragen zu können, ohne sich erst in besondere Stimmung versetzen zu müssen. Er war Manns genug, die Kraft hierzu nur aus sich selbst zu schöpfen, - nicht erst zuwor seine Kräfte künftlich aufputschen zu müssen.

Jetzt nahm er die Handschuhe. Von der riesigen Drehhalle herüber klang schon das Brausen der Maschinen im Probelauf. Da brachte der Läufer noch Post. Peter Strasser legte noch einmal die Handschuhe hin. - Ein, - zwei persönliche Briefe. Er schob sie zur Seite. Das Eigene war jetzt fern, - musste nun fernbleiben, auch wenn es diese Schriftzüge trug. Aber dieses Dienstliche da! Er riss den braunen Umschlag auf, der umgeklebt war und im Innern eine alte Anschrift trug. Als erstes fiel ihm ein schmutziger, zerkniterter Zettel in die Hände:

'Abs. Ober-Masch.-Maat Georg Baumann, Marine-Luftschiff L 19, in Seenot geraten am 1. Februar 1916, nachmittags 4 Uhr. Liebe Gretel und Kinder: Befinde mich augenblicklich in grosser Gefahr. Sind mit unserem Schiff ins Wasser gefallen. Liebe Gretel, bis zur letzten Minute auf Rettung hoffend. Ist es anders bestimmt, nun so ist es Gottes Wille. Getreu bis in den Tod gewesen und küsst Dich und die Kinder herzlich. Dein treuer Georg.'

Der Läufer stand noch.

'Es ist gut!' sagte der Kommandeur.

Der Mann machte eine stramme Wendung und polterte hinaus.

Peter Strasser setzte sich noch einmal und band das Halstuch los.

Die schwedische Jacht 'Stella Smögen' hat an der schwedischen Küste am 22. Februar 1916 eine Thermosflasche aufgefischt...

Georg Baumann, das war der Obermaat mit dem Spitzbart! Er nickte vor sich hin. Am 1. Februar nachmittags 4 Uhr, - das war also die Stunde, als gerade der Funkspruch abgegeben worden war, dass L 19 nachts in Tondern landen wolle, - der letzte Funkspruch, der nicht zu Ende gesendet wurde.

Peter Strasser legte den verschmierten Zettel sorgsam in den Umschlag zurück. 'Bitte sofort den Brief abschreiben lassen und zunächst nur die Abschrift an Frau Baumann schicken!' Fünf Kinder hat sie daheim. Aber, das sprach er nicht aus. Er zog sein Halstuch fest und ging mit sicherem Schritt zur Tür: 'King Stephen!' sagte er nur vor sich hin.

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